Fonds gegen Frostschäden – Frostrisiken minimieren

Datum des Artikels Dienstag, 15.01.2008

Mitte Januar 2008 vereinbarten der Rheinische Rübenbauer-Verband e.V. (RRV) und die rheinische Zuckerindustrie die Einrichtung eines Fonds gegen Frostschäden. Ziel des Fonds ist es...

Mitte Januar 2008 vereinbarten der Rheinische Rübenbauer-Verband e.V. (RRV) und die rheinische Zuckerindustrie die Einrichtung eines Fonds gegen Frostschäden. Ziel des Fonds ist es, den Rüben anbauenden Landwirten die Risiken von Frostschäden zu nehmen. Längere Kampagnen und individuell weniger und z.T. spätere Liefertermine erhöhen tendenziell die Gefahr von Frostschäden. Falls solche auftreten sollen sie künftig durch den Fonds gedeckt werden. Unter den wirtschaftlich schwierigeren Rahmenbedingungen des Rübenbaus darf das Frostrisiko nicht zu einem anbaubegrenzenden Faktor des Zuckerrübenanbaus werden. Bisher liegt das Risiko von Frostschäden allein bei den Landwirten. Zudem gilt es, den wertvollen Rohstoff Zuckerrübe zu schützen. Die Einrichtung des Frostfonds fand in den Winterveranstaltungen breite Zustimmung bei den Rübenanbauern.

Im ersten Jahr des Fonds fließt bereits ein siebenstelliger Betrag in den Fonds. Der Fonds wird von Zuckerindustrie und Landwirtschaft gemeinsam gestaltet und verwaltet. Entscheidungen über die Mittelverwendung können nur gemeinsam d.h. einvernehmlich getroffen werden. In den kommenden Jahren soll der Fonds bis auf

ca. 5 Mio € aufgestockt werden.

Die Gelder sollen eingesetzt werden für:

a) die Anschaffung von Vlies zur Mietenabdeckung

b) die Anschaffung von überbetrieblich einzusetzender Mietenabdecktechnik

und

c) die Entschädigung von Frostschäden an Rüben trotz erfolgter Abdeckung

Die Mittel aus dem Fonds stehen ausschließlich RRV-Mitgliedern und damit Anbauern im Verbandsgebiet Nordrhein zur Verfügung. Der Fonds sieht keine Entschädigungen für die Zuckerindustrie vor.

Kein Abdeckzwang

Die Verantwortung für die Rüben verbleibt weiterhin bis zum Eigentumsübergang in der Zuckerfabrik beim Anbauer. Es wird wie bisher keinen Abdeckzwang geben d.h. die Entscheidung über die Abdeckung obliegt weiterhin dem Anbauer. In der Regel kennen die Rübenanbauer ihre Bedingungen vor Ort am besten und können die Folgen bestimmter Wetterlagen und damit die Notwendigkeit einer Mietenabdeckungam besten abschätzen. Entschädigungen für Frostschäden werden allerdings nur gezahlt, wenn der Anbauer seine Rübenmiete abgedeckt hat.

Bereits im Jahr 2008 sollen ca. 400.000 m2 Vlies angeschafft werden, mit denen ca. 200.000 t Rüben abgedeckt werden können. In den Folgejahren wird die Vliesmenge kontinuierlich bis zum endgültigen Bedarf erhöht. Als abschließend notwendig wird für das gesamte Verbandsgebiet eine Vliesmenge von 1,5 Mio bis 2 Mio m2 erachtet. Anschließend findet nur noch eine Ersatzbeschaffung statt. Als derzeit geeignetstes Vlies gilt solches mit einem Gewicht von 110 g/m².

Abdeckung individuell oder überbetrieblich

Ein Teil dieses Vlieses soll Selbstabholern zur Verfügung gestellt werden, ein anderer Teil denjenigen Abfuhrorganisationen, die die Abdeckung überbetrieblich anbieten und übernehmen werden. Soweit logistisch möglich sollte das vorhandene Vlies mehrfach in einer Kampagne verwendet werden. Die Aufteilung des Vlieses auf Anbauer, die ihre Mieten selbst abdecken und Abfuhrgruppen hängt ab vom Interesse der Anbauer, die Abdeckung überbetrieblich durchführen zu lassen. Die teilnehmenden Abfuhrgruppen werden ihre Mitglieder diesbezüglich abfragen bzw. haben dies bereits getan. Alle Abnehmer von Vlies müssen bestätigen, dass sie das Vlies ausschließlich zur Abdeckung von Rübenmieten verwenden. Das Vlies wirdallen Anbauern kostenfrei zur Verfügung gestellt.

a) Selbstabdeckung von Mieten

Anbauer, die im Frostfall die Mietenabdeckung selbst durchführen wollen, holen sich das Vlies von Abholstellen ab. Die Abholstellen werden rechtzeitig d.h. voraussichtlich zu Kampagnebeginn bekanntgegeben. Sie müssen die ausgehändigte Vliesmenge und den Abgabetermin bestätigen. Selbstabholer melden die erfolgte Mietenabdeckung der Zuckerfabrik mit Angaben zur Lage der Miete und zum geplanten Abholtermin. Die Angaben werden stichprobenartig überprüft. Für die Handabdeckung sind 5 m –Vliesrollen vorgesehen. Es ist vorgesehen, dass im Falle der Handabdeckung das Vlies nach der Abdeckung auf dem Betrieb verbleibt. Neues Vlies kann es für diese Betriebe in Anbetracht des vermutlich seltenen Auftretens von Frostkalamitäten erst frühestens nach 10 Jahren wieder geben.
Die Notwendigkeit einer Handabdeckung parallel zur maschinellen Abdeckung könnte auch entstehen, wenn plötzlich starke Frostereignisse eine hohe Schlagkrafterfordern, die die Kapazitäten der überbetrieblichen Mietenabdeckung überfordern.

b) Überbetriebliche Abdeckung

Alternativ zur individuellen Abdeckung kann diese auch überbetrieblich organisiert werden. Der RRV und Pfeifer & Langen haben das Thema intensiv mit den rheinischen Abfuhrgruppen diskutiert. Die Gespräche waren sehr konstruktiv und zielorientiert. Die Gruppen, die die Mietenabdeckung anbieten wollen, werden ihre Mitglieder bzw. Kunden über das Angebot, die Organisation und die Kosten informieren. Im Falle der überbetrieblichen Abdeckung beauftragt der Anbauer die Organisation mit der Abdeckung. Er übernimmt die Kosten für das Auf- und Abdecken der Miete. Das Vlies, der größte Teil der Gerätekosten und mögliche Frostschäden an Rüben trotz Schutzmaßnahmen werden aus dem Fonds bezahlt.

Die überbetriebliche Abdeckung hat den Vorteil, dass die Abfuhrgruppe die Dienstleistung in den Verladedaten vermerken kann. So sind Ab- und Aufdecktermin mietenspezifisch nachvollziehbar. Das Lagern des Vlieses wird gruppenintern und gruppenspezifisch geregelt, ebenso der Transport des Vlieses. Die Organisation der Ab- und Aufdeckung erfolgt durch die Abfuhrgruppe. Für die organisierte Mietenabdeckungempfiehlt sich eine Vliesbreite von zumindest 10 m.

Kein fester Abdecktermin

Die klimatischen Bedingungen im Rheinland lassen einen fixen Abdecktermin ungeeignet erscheinen, auch wenn er organisatorische Vorteile hätte. Er würde dem System aber unnütze Kosten auferlegen. RRV und Zuckerindustrie geben im Falle der Gefahr Rüben schädigender Fröste kurzfristig einen Aufruf an alle Rübenanbauer heraus, in welchem auf den Frost hingewiesen und die Abdeckung empfohlen wird, auch als Voraussetzung für eventuelle Entschädigungen. Die Information erfolgt über Fax, Internet, Aushänge in der Zuckerfabrik und die Abfuhrorganisationen. Kein Abdecken wird erforderlich sein, wenn die planmäßige Abholung der Rüben innerhalb der nächsten zehn Tage erfolgt. Ansonsten empfiehlt es sich, die zuletzt abzuholenden Mieten zuerst abzudecken, da diese Rüben die längste Lagerzeit haben.
Auch die eigeninitiative Mietenabdeckung vor dem gemeinsamen Aufruf von RRV und Zuckerindustrie ist prinzipiell möglich.

Entschädigung von Frostschäden

Wurde eine Rübenmiete termin- und sachgerecht abgedeckt, werden entstandene Frostschäden aus dem Fonds erstattet. Treten Frostschäden auf, ohne dass RRV und Zuckerindustrie einen Aufruf zur Abdeckungsnotwendigkeit herausgaben, sollen diese Schäden ebenfalls entschädigt werden. Übersteigt bei einem außerordentlichen Schadensfall die entstandene Schadenssumme das vorhandene Finanzvolumen des Fonds, wird das Geld linear auf alle geschädigten Rüben verteilt. Zunächst werden Frostschäden an Quoten-/Vertragsrüben entschädigt. Über die Entschädigung für Überrüben wird nachfolgend entschieden. Parallel wird immer geprüft, ob es alternative Verwertungswege für geschädigte Rüben gibt.

Die Feststellung der Frostschädigung erfolgt entsprechend der Feststellung anderer Schädigungen bei der Rübenabnahme in der Zuckerfabrik gemeinsam und einvernehmlich durch die Fabrikschätzer und die Verbandsgutachter. Gegebenenfalls erfolgt analog der Vorgehensweise bei kranken Rüben ein Hinweis in der Lieferübersicht. Sind gravierende Frostschäden an den Rüben abzusehen, sollte die Bewertung der Rüben vor dem Roden bzw. Verladen vor Ort erfolgen. 
Auch diese Bewertung wird gemeinsam von Fabrik- und Verbandsvertretern erfolgen. Werden Rüben bei Frost als abgesprochene Schutzmaßnahme im Boden gelassen und sind nachfolgend wegen Frostschadens nicht mehr beerntbar, so soll zunächst der Schaden bis zum Erreichen der Vertragsrübenmenge ersetzt werden. Die Quantifizierung der Rübenmenge im Boden ist schwierig und noch nicht abschließend diskutiert. Alle Daten der bis dahin vom Anbauer gelieferten Rüben (z.B. bzgl. Qualität und Zuckergehalt) gelten dann auch für die nicht gelieferte Menge. Pro ha erfolgt ein Abzug von 200,- €, da keine Rodekosten anfallen. Für den Fall, dass eine termingerechte Rodung aufgrund von Frost nicht möglich ist, sagt die Pfeifer & Langen KG zu, dass die Fabrik wieder angefahren wird, sobald der Bodenzustand eine Beerntung wieder zulässt und noch sinnvolle Mengen zur Verarbeitung anstehen.

Die Einrichtung des Frostfonds ist zweifellos eine Verbesserung für die Anbauerseite im Hinblick auf die Frostrisikoabsicherung. Sie ist im Hinblick auf die gesunkene Wirtschaftlichkeit des Rübenanbaus aber auch gleichzeitig ein Beitrag zur nachhaltigen Rohstoffsicherung. Der Anbauer bleibt weiterhin „Herr des Verfahrens“. Er allein entscheidet unter Abwägung seiner betriebsindividuellen Gegebenheiten, ob, wann uns wie seine Rübenmieten bei späten Abholterminen abgedeckt werden.

Dr. P. Kasten, RRV Bonn und Dr. H. Esser, Pfeifer & Langen KG Köln